
02.13 17
MAGAZIN
D
as deutsche Erbschaft- und Schen-
kungsteuerrecht bleibt weiterhin in Be-
wegung: Im Juli 2012 sprach sich der
Bundesrat für eine erneute Überarbeitung
des erst 2009 reformierten Erbschaftsteuerge-
setzes aus. Damit sollte insbesondere auf die
sogenannte „Cash-GmbH“ reagiert werden,
die eine weitgehend steuerfreie Übertragung
von Privatvermögen im Rahmen steuerlicher
Begünstigung von Unternehmensübertra-
gungen zulässt.
Der Bundestag lehnte dies im Gesetzge-
bungsverfahren jedoch komplett ab, sodass
das Jahressteuergesetz 2013 bisher ohne die-
se Neuregelungen beschlossen worden ist.
Mitten hinein in diese Diskussion hat der
Bundesnanzhof (BFH) das Erbschaft- und
Schenkungsteuergesetz mit Beschluss vom
27. September 2012 dem Bundesverfas-
sungsgericht (BVerfG) zur Prüfung vorge-
legt. Nach Ansicht des obersten Finanzge-
richts verletzen Teile der aktuellen
Regelungen den allgemeinen Gleichheits-
grundsatz des Grundgesetzes.
Dies kommt keineswegs überraschend. Be-
reits während des Gesetzgebungsverfahrens
zum Reformgesetz 2009 wurden zahlreiche
verfassungsrechtliche Bedenken gegen das
Verschonungskonzept für unternehmeri-
sche Vermögen geäußert.
I
n seinem aktuellen Vorlagebeschluss setzt
sich der BFH insbesondere mit dem soge-
nannten „Begünstigungsüberhang“ ausein-
ander, der nach seiner Meinung durch
Gestaltungen im Bereich des Verwaltungs-
vermögens entstehen kann. Hierbei geht es
neben der 50-Prozent-Grenze für unschädli-
ches Verwaltungsvermögen vor allem um die
Widmung von Gegenständen, die
„üblicherweise in Form der privaten Vermö-
gensverwaltung gehalten werden“, zu gewill-
kürtem (das heisst begünstigtem) Betriebs-
vermögen.
Ein besonders bekanntes Beispiel für die-
sen verfassungswidrigen Begünstigungs-
überhang ist die bereits oben genannte
„Cash-GmbH“, mit der der BFH hart ins Ge-
richt geht. Gleichwohl betont er aber auch,
dass die „Cash-GmbH“ keine missbräuchli-
Foto: Bilderbox
Erbschaftsteuergesetz
steht wieder auf der Kippe
che Gestaltung, sondern vielmehr die Folge
einer „verfehlten Gesetzestechnik darstelle“.
Eine Reform der Erbschaftsteuer scheint
also unausweichlich - unabhängig von der
Reaktion des Verfassungsgerichtes.
Die Diskussion um die Erbschaftsteuer
sorgt daher auch für erhebliche Verunsiche-
rung
_
gerade im Mittelstand. Schon ohne
die aktuelle Diskussion ist die Unterneh-
mensnachfolge als schwierigste und krisen-
anfällige Phase der Unternehmensgeschich-
te eine Herausforderung. Nach Schätzungen
des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn
steht im Zeitraum von 2010 bis 2014 in
knapp 100 000 Familienunternehmen die
Übergabe an. Von den Übertragungen wer-
den in diesem Zeitraum circa 1,4 Millionen
Beschäftigte betroffen sein.
Aufgabe bleibt daher nach wie vor, dass
ein
e für Familienunternehmen sachgerech-
te Erbschaftsteuer geschaffen wird. Ange-
sichts des geringen Aufkommens bei gleich-
zeitiger Bedeutung für die Wirtschaft sind
niedrige Tarife und eine breite Bemessungs-
grundlage besser als selektive und komplexe
Verschonungsregelungen, wie sie das gelten-
de Recht vorsieht. Königsweg bleibt freilich
der gänzliche Verzicht auf die Erbschaftsteu-
er.
Zudem dürfte auch die kommende Bun-
destagswahl für zusätzliche Unsicherheit sor-
gen. Aufgrund der aktuellen gesellschaftli-
chen und politischen Debatte wird der Fokus
politischer Initiativen insbesondere auf den
Regelungen zur Erbschaftsteuer liegen.
Nach der Wahl könnten sich daher die
steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für
die Vermögensnachfolge erneut ändern.
Trotz allem besteht das Erbschaftsteuerge-
setz aber aktuell in unveränderter Form fort.
Bis zu einer endgültigen Entscheidung wer-
den daher alle künftigen Steuerbescheide
nur vorläug ergehen. Eine bereits bestands-
kräftige, steuerliche Veranlagung ist aller-
dings nicht mehr anfechtbar.
Für die Praxis besteht zumindest aktuell
noch Planungssicherheit, denn es ist nicht zu
erwarten, dass das BVerfG das geltende Erb-
schaftsteuergesetz rückwirkend für nichtig
erklärt. Vielmehr dürfte das Gericht den Ge-
setzgeber zu einer verfassungskonformen
Neuregelung auffo
rdern.
Foto: Fotolia
IHK Region Stuttgart
sebastian.schieder@
stuttgart.ihk.de
Kommentare zu diesen Handbüchern